Digitale Daten.
Grundlage für eine bessere Mobilität.

Digitale Daten sind in nahezu allen Belangen des täglichen Lebens nicht mehr wegzudenken und ist häufig nützlich und hilfreich. Das gilt auch für das Thema "Mobilität" und ist auch gar nichts wirklich Neues. Dynamische Verkehrsbeeinflussungsanlagen gibt es schon sehr lange und Apps zum Finden der billigsten Tankstelle sind auch schon ein alter Hut.

Autor: Dipl.-Ing. Thomas Ferrero




Was hat sich also überhaupt verändert? Grob vereinfacht kann man sagen, dass die Datenmenge, die Datenqualität und die Datenvielfalt exponentiell zugenommen haben. Bleiben wir mal beim Autoverkehr. Es gibt zum Beispiel Induktionsschleifen, Sensoren, Videobilder, Geschwindigkeitsmesser, aber auch individuelle Fahrzeugdaten, Mobilfunkdaten, GPS-Daten etc. Durch die Verknüpfung dieser unterschiedlichen Datenquellen ist es möglich, realitätsnähere Modelle zu erstellen und somit auch ein klareres Bild über die Wirkung von Maßnahmen zu bekommen.

Da Maßnahmen im Verkehrsbereich häufig teuer sind und langfristig wirken (insbesondere Infrastrukturmaßnahmen wie neue Straßen- oder Schienenverbindungen) muss die Wirksamkeit im Vorfeld durch Modelle abgebildet werden. Auf Basis von Bestandsmodellen lassen sich langfristige sogenannte Prognosemodelle erstellen, die auf allgemeinen Grundlagen wie demografischen, sozioökonomischen, strukturellen Daten, aus Wachstumsprognosen, Flächen- und Infrastrukturentwicklungen u.v.m. basieren. Mithilfe dieser Modelle werden strategische Langfristentscheidungen getroffen. Ein prominentes Beispiel hierzu ist die Bundesverkehrswegeplanung, in der auf Grundlage von Prognosemodellen zukünftige Infrastrukturmaßnahmen bewertet und priorisiert werden.

Darüber hinaus werden Modelle aber auch dafür herangezogen, um kurzfristig in das Mobilitätsgeschehen eingreifen zu können. Wenn wir genügend und qualitativ hochwertige Daten haben, können zum Beispiel alternative Verkehrssteuerungsmöglichkeiten simuliert werden. Gibt es beispielsweise eine Staustelle an einem Knotenpunkt, kann man mit einem guten Modell alternative Varianten simulieren und untersuchen, ob Änderungen bei der Ampelsteuerung oder veränderte Fahrspuraufteilungen zu einer Verbesserung der Situation führen würden. 

Über die Fortschreibung der Daten lässt sich eine Historie entwickeln, die es erlaubt, proaktiv tätig zu werden, um Störungen zu minimieren. Muss irgendwo eine Straße gesperrt werden, kann man mithilfe des Modells vorhersehen, welche Auswirkungen das für das übrige Straßennetz hat und wie reagiert werden sollte. 

 

Thomas Ferrero
Vorsitzender der Geschäftsführung PTV Transport Consult GmbH

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Auch Anpassungen für Sonderereignisse wie Großveranstaltungen können durch Simulationsmodelle berechnet werden. 
Maßgeblich und unabdingbar für die Erstellung von Verkehrsmodellen ist die Qualität der erfassten Daten. Je genauer die Situation vor Ort bekannt ist, desto besser werden die daraus entwickelten Modelle. Videodetektionen sind aussagekräftiger als Induktionsschleifen, weil damit nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die Fahrzeugarten erfasst werden können. Geschwindigkeitsprofile einzelner Fahrzeuge sind hilfreicher als eine klassische Querschnittszählung. Dergleichen Beispiele gibt es viele. 

Die Quellen von Verkehrsdaten sind vielfältig. Viele werden dabei an die klassischen Schleifen in der Fahrbahn, an Kameras an den Lichtsignalanlagen und in Tunneln oder an die vielen Sensoren an den Brücken der Bundesfernstraßen denken. Heutzutage denken wir aber viel weiter. Die Automobilhersteller tracken ihre gesamte Flotte und kennen daher umfängliche Bewegungsprofile. Die Mobilfunkbetreiber können Bewegungen der Nutzenden verfolgen. WLAN-Detektoren können zum Beispiel Angaben zur Anzahl von Insassen liefern. Parkplätze und -häuser haben Belegungskennzahlen, die Informationen über das Verhalten der Nutzenden geben. Navigationsgeräte oder GPS-basierte Apps wie Google Maps erfassen die Bewegungsprofile der Nutzenden ebenfalls.

Bis jetzt sprechen wir ja nur über den motorisierten Individualverkehr. Mobilität und somit auch die entsprechenden Modelle müssen jedoch ganzheitlich, multimodal gedacht werden. Das heißt, dass man auch die Daten von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden, Nutzenden des ÖPNV integrieren muss. Dies vorausgesetzt, werden die Datenquellen noch vielfältiger: Bewegungsdaten von E-Bikes und E-Scootern, automatische Fahrgastzählysysteme in Bussen und Bahnen, Ticketverkäufe u.v.m. fließen ebenfalls in den großen Topf möglicher Daten. 

Und schlussendlich gibt es in der weitgehend digitalen Welt die klassische Verkehrserhebung mittels manueller Zählung oder Befragung. Dies dient der Komplettierung oder Verifizierung eines Bildes. 
Diese Daten mit unterschiedlichen Formaten zusammenzuführen, zu interpretieren und dann in ein Modell zu überführen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Erfahrung erfordert. Diese Fachexpertise ist bei den Entscheidungsgremien oft nicht vorhanden. Fachleute aus Häusern wie der PTV Transport Consult oder Bockermann Fritze übernehmen diese Aufgaben. 

Es gilt aber nicht nur, die Ergebnisse zu ermitteln, sondern sie auch noch dem nicht fachkundigen Dritten anschaulich zu erklären. Hilfreich sind realitätsnahe Visualisierungen. Auch hierzu benötigt man eine Vielzahl von Daten, wie zum Beispiel 3D-Realdarstellungen der Umgebung. Softwareprogramme wie PTV VISSIM ermöglichen Videos mit Echtzeitabläufen in einem realitätsnahen Umgebungsbild und dem Laien so einen viel besseren Eindruck. Das hilft neben der fachlichen Planung und Optimierung von Fahrzeug- und Fußverkehrsströmen auch zur Veranschaulichung von Wirkungen zur Erhöhung der Akzeptanz der Bevölkerung. Selbstredend gilt es, verantwortungsbewusst und sorgfältig mit gesammelten Daten umzugehen. Generell hat die Quantität und Qualität von Daten die Simulation und die Prognose von Mobilitätsabläufen verbessert und somit einen signifikanten positiven Einfluss auf das Mobilitätsverhalten.

Und wir freuen uns, dass die Staus kürzer werden oder wir eine Information über alternative Möglichkeiten bekommen, um stressfrei von A nach B zu kommen.